Stoffkreisläufe und Wertschöpfungsketten standen im Mittelpunkt des 6. Netzwerktreffens am 6. Juli 2022, das wieder spannende Inputs bot. Dem Netzwerken der 25 Teilnehmenden dienten neben dem Netzwerk-Padlet auch der Austausch in Kleingruppen.
- Im Bereich Kunststoffkreislaufwirtschaft ist noch viel zu tun, das zeigte der Input von Prof. Dr. Ing. Mathias Seitz von der Hochschule Merseburg, Bereich Verfahrenstechnik/Technische Reaktionsführung. Auch wenn jährlich 5,3 Mio.t Post-Consumer-Plastikabfälle in Deutschland anfallen, werden davon nur ca. 0,81 Mio. t als Rezyklate wiederverwendet. Ein großer Teil davon macht das PET-Flaschenrecycling aus. Vielmehr geht der größte Teil der Kunststoffabfälle noch immer in die thermische Verwertung. Recyclingstrategien stoßen auf große Hindernisse, denn viele Kunststoffabfälle sind in Verbundmaterialien gebunden, mit unterschiedlichsten Fremdstoffen verunreinigt oder verursachen in chemischen Recyclingverfahren toxische Reaktionen. Während das mechanische Recycling die Quoten nicht erfüllen kann und Kunststoffe minderer Qualität ergibt, kann chemisches Recycling zwar hochwertige Neuware erzeugen, ist aber aufwändiger. Diese und weitere Verfahren sollten sich somit ergänzen. Die Kunststoffhersteller in Mitteldeutschland verfolgen bereits unterschiedliche Recyclingpfade. Das chemische Recycling und die Abnahme durch die chemische Industrie böten die Chance für Wertschöpfungsketten in der Region, so das Ergebnis seiner Studie zur Verwertung von Kunststoffen.
Zu allererst muss es aber darum gehen, so wenig Abfälle wie möglich zu erzeugen und diese nur in hoher Qualität. Der wichtigste Teil der Lösung liegt dabei in der Standardisierung der (Verpackungs)Produkte: Gemeint sind sortenreine Materialien, gleiche Form und gleiche Funktionalität für bestimmte Verwendungen (wie etwa Lebensmittel). Darüber hinaus braucht es ein Rücknahmesystem. Nicht vermeidbare Kunststoffe ließen sich dann zunächst wiederverwenden und, wenn sie am Ende zu Abfall werden, einfacher in gleiche Qualitäten trennen. Bislang werden die Recyclingquoten nicht eingehalten. Hilfreich wäre eine Gütegemeinschaft der Industrie und des Handels, die sich Schritt für Schritt auf eine solche Vereinheitlichung verständigen, statt immer neue Kunststoffmengen zu produzieren und in Umlauf zu bringen.
Für weitere Informationen verweist Prof. Seitz auf die Dokumentation „Die Recycling-Lüge, die in der ARD-Mediathek zu finden ist, sowie auf seine Studie zur Verwertung von Kunststoffabfällen, abrufbar unter: http://www.steinbeis-edition.de/out/pictures/media/215424.pdf
- Große Chancen bieten der Anbau und die Verarbeitung von trockenstressresistentem Hanf für den Süden Sachsen-Anhalts, davon ist Ria Elstner, Vorstand der Hanffaser GEISELTAL, überzeugt. Die Genossenschaft in Gründung kooperiert mit der Hanffaser Uckermark eG und kann damit auf langjährige Erfahrungen in der Hanfverarbeitung zurückgreifen. Durch die Uckermark kann der deutschlandweite Bedarf an Hanfprodukten bereits nicht mehr gedeckt werden. Auf einer Fläche von mind. 600 Hektar soll im Geiseltal in Kürze Hanf wachsen, den die Genossenschaft i. G. mit 20 Arbeitskräften ausschließlich zu Dämm- und Baustoffen verarbeiten will. Dabei ist eine Produktion gänzlich ohne Abfallstoffe geplant. Letzte Reste können beispielsweise als Mulchmaterial oder für vollkompostierbare Kunststoffe verwertet werden.
In der Region könnten weitere Betriebe rund um die Hanfverarbeitung entstehen, denn Hanf kann u.a. auch zu Kosmetik oder medizinischen Zwecken verarbeitet werden. Arbeitsplätze sind außerdem in der Landwirtschaft, die bereits starkes Interesse signalisiert, im Handwerk, im Handel und in der Logistik zu erwarten. Die Hanffaser Geiseltal eG i. G. möchte das Thema Nachhaltiges Bauen durch begleitende Forschung, Entwicklung sowie Aus- und Weiterbildungen mit Unterstützung der Hochschule Merseburg vorantreiben und einen Innovationsstandort etablieren. Vor allem aber möchte sie schnell eine komplett kunststofffreie Alternative zu herkömmlichen, nicht nachhaltigen Baumaterialien liefern, bei denen sich bereits heute Engpässe abzeichnen. Da es auch in anderen Bundesländern kleinere Hanffabriken und -initiativen gibt, ist längerfristig ein Netz regionaler Cluster angedacht, das gemeinsam den bundesweiten Dämmstoffmarkt erobert und dennoch unnötige Transporte und Monokulturen in den Regionen vermeidet. Investierende Genossenschaftsmitglieder sind im Geiseltal gerne willkommen.
Kontakt: ria.elstner@fbz-merseburg.de