Früher wurden alte Burgen abgebaut, um damit neue Wohnhäuser aufzubauen. Was wird mit unseren Bauten im 22. Jahrhundert passieren? Wie werden die Ziele des europäischen Green Deals – Einklang mit der Natur und Klima, Zugehörigkeit und Schutz vulnerabler Gruppen sowie Kreislauforientierung im gesamten Lebenszyklus – in Sachsen-Anhalt umgesetzt?
Das Schwerpunktthema des 7. Netzwerktreffens am 30.03.2023 lag auf dem Thema „Nachhaltiges Bauen“, bei dem Netzwerkpartner die Ökobilanz von Gebäuden und das Projekt „Neues europäisches Bauhaus (NEB)“ in Sachsen-Anhalt vorstellten. Ferner hatten die Netzwerkpartner Gelegenheiten, sich nach den Vorträgen in kleinen Runden mit den Referenten auszutauschen.
Sven Wüstenhagen vom Fraunhofer Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen in Halle (Saale) informierte über die Methodik Life Cycle Analysis (LCA), die dazu dient, Umwelteinflüsse aus industriellen Prozessen, Produktnutzen und/oder Dienstleistungen zu untersuchen. Die Methode wird stetig weiterentwickelt und durch die EU-Empfehlungen zum Product Envinronmental Footprint weiter formalisiert. Anhand von Kernbegriffen und Zitaten bereits erfolgter Untersuchungen wurde die Methode LCA vorgestellt. Ausgehend von der Frage Buckminster Fullers: „How much does your building weigh, Mr. Foster?” erörterte der Referent, inwieweit sich die LCA auf den Bausektor anwenden lässt. Denn ausgehend vom holistischen Ansatz der Methode lassen sich Investitionsentscheidungen optimieren, Synergien in Produktions-, Nutzungs- und Entnutzungsprozessen identifizieren und Ansätze für technische bzw. sozio-ökonomische Weiterentwicklungen erkennen. In der Frage der Bewertung von Umweltwirkungen von Gebäuden können etwa das Treibhausgaspotenzial oder die Materialkosten verschiedener Materialien datenbankbasiert verglichen werden. Der Fokus liegt hierbei auf dem Gebäude, doch auch der Standort kann von Interesse sein. In der Diskussion machte Sven Wüstenhagen deutlich, dass die Datenbasis des Instruments in Teilen bereits sehr robust ist, während in manchen Sektoren die Bilanzierung noch schwierig ist. Was bisher noch fehlt, sind leicht anwendbare Tools, um die LCA erlebbar zu machen. Auch rechtliche Rahmenbedingungen erweisen sich teilweise als Hürden.
Den zweiten Vortrag des Netzwerktreffens hielt Thies Schröder, u. a. Vorstandsvorsitzender, der Energieavantgarde Anhalt und Geschäftsführer der Ferropolis AG. Der Referent informierte über die Initiative des New European Bauhaus, welche nun auch in Sachsen-Anhalt, bekanntermaßen bedeutender Standort des Bauhauses und unbedingter Transformationsschwerpunkt, projektiert wird. Ziel der an den Grundwerten Nachhaltigkeit, Ästhetik und Inklusivität orientierten Initiative ist es, den European Green Deal im Rahmen eines interdisziplinären und partizipativen Prozesses durch innovative Ideen und Konzepte zu unterstützen. In Sachsen-Anhalt sollen im Reallabor ZEKIWA in Zeitz ab der zweiten Jahreshälfte 2023 an Experimente, etwa im Bereich nachhaltige Baumaterialen, durchgeführt werden, um eingerostete Denkprozesse aufzubrechen und Altlasten abzuwerfen. Bei dem geplanten Projekt handelt es sich langfristig um eine wertschöpfende, am Gemeinwohl orientierte Quartiers- und keine Objektentwicklung, wobei sich momentan noch die Frage nach der Umsetzungsverantwortung stellt. Außerdem sind Partizipation und das Engagement der lokalen Bevölkerung vor Ort gefragt.
Das nächste und achte Netzwerktreffen wird am 29.06. in Präsenz stattfinden, an der Hochschule Anhalt in Dessau zum Thema „Energieerzeugung für den Eigenbedarf“.